Bundesgerichtshof bestätigt Ruzicka-Urteil

Geld bei Aegis. Geld floss ab. Untreue. Punkt. Mit Beschluss vom 15. Dezember 2010 bestätigt der Bundesgerichtshof (BGH) diese einfache Formel im Urteil gegen Aleksander Ruzicka. Eineinhalb Jahre nach dem Urteil gegen Ruzicka und nach einem halben Jahr Bearbeitungsdauer hat der 2. Strafsenat des BGH die Revision als „offensichtlich unbegründet“ verworfen. Das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 12. Mai 2009, in dem Ruzicka wegen schwerer Untreue zu elf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt wurde, ist damit rechtskräftig.

Aus Karlsruhe berichtet Michael Ziesmann

Der 2.Strafsenat des Bundesgerichtshofes teilte mit Beschluss vom 15.12.2010 in Sachen 2 StR 196/10 mit: „Die Revision des Angeklagten Ruzicka gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 12.5.2009 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler ergeben hat.“ Eine Begründung muss der Bundesgerichtshof nicht mitteilen, wenn der aus fünf Richtern bestehende Senat einstimmig dieser Auffassung ist und der Generalbundesanwalt einen Verwerfungsantrag gestellt hat. Damit sind Urteilsinhalt und Strafausspruch rechtskräftig.

Ruzicka wurde zu einer Haftstrafe von elf Jahren und drei Monaten verurteilt. Er sitzt seit dem 25.10.2006 in Untersuchungshaft – was nunmehr auf die Strafhaft angerechnet wird. Ruzicka wurde der Beschluss des Bundesgerichtshofes am vergangenen Freitag kurz nach seinem 50. Geburtstag zur Kenntnis gegeben. Dem Vernehmen nach soll er gefasst reagiert haben.

Insbesondere die Bestätigung des Strafmaßes wirft Fragen auf. Inhalt der Revision war im Kern die Tatsache, dass es das Landgericht Wiesbaden wiederholt ablehnte, sich mit der Verwendung der veruntreuten 37 Millionen Euro zu befassen. Dies wäre einfach möglich gewesen, so die Revision, da die dafür nötigen Unterlagen vom Finanzamt Wiesbaden sichergestellt wurden, und daraus Steuern in Höhe von 18 Millionen Euro tatsächlich bezahlt wurden. Eine Trennung zwischen eigennütziger und fremdnütziger Untreue ist nicht erfolgt.

Ohne das ermitteln zu wollen, stellte das Landgericht Wiesbaden im Urteil fest, dass die gesamte Summe in Höhe von 37 Millionen Euro Ruzicka privat zugeflossen sei und der Verbleib der Gelder nicht ermittelt werden konnte. Mit dieser für das Strafmaß und vorzeitigen Haftentlassung wesentlichen Frage hat sich der Bundesgerichtshof ohne Angabe von Gründen nicht befasst. Auch die tatsächlich von Ruzickas Firma Camaco gezahlten 18 Millionen Euro Steuern führten nicht dazu, dass sich der Bundesgerichtshof mit dem Rechtsgrund dessen befasst hat. Daher bleibt die Frage, ob der Staat Steuern für Gewinne aus Straftaten vereinnahmt hat, zunächst unbeantwortet.

Der Beschluss des BGH bedeutet, dass nun auch andere Anklagen verhandelt und Anklagen erhoben werden müssen. Dies betrifft den ehemaligen Carat-Geschäftsführer Heinrich K. und den Wirtschaftsanwalt Cornelius W. Beide Anklagen liegen der 6.Strafkammer des Landgerichts Wiesbaden und dem Vorsitzenden Richter Bonk seit dem Jahr 2007 vor und werden nun zügig verhandelt. Mit weiteren Anklagen gegen 14 Beschuldigte ist wegen Untreue und Beihilfe zur Untreue zu rechnen. Andere Verfahren – auch gegen Ruzicka – wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr wurden inzwischen eingestellt.

Inzwischen hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main angewiesen, dass die Zivilklage „Aegis Media gegen Ruzicka und widerklagend“ vor der Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden zügig verhandelt werden muss. Aegis Media fordert von Ruzicka Schadenersatz in Höhe von 17 Millionen Euro. Dabei hat sich die Beweislast nun umgekehrt. Ruzicka muss beweisen, dass Aegis Media kein Geld fehlt.

Unabhängig davon fordert Ruzicka Leistungen aus Abfindung und Gehaltsfortzahlung von Aegis Media in Höhe von 94 Millionen Euro. Eine grotesk anmutende Summe, die durch Bonuszahlungen von Aegis Media im letzten Beschäftigungsjahr von Ruzicka, dem Jahr 2006, markant in die Höhe getrieben wurde. Das letzte Beschäftigungsjahr gilt dabei als Berechnungsgrundlage bei der Abfindung für 24 Jahre Tätigkeit von Ruzicka für dieses Unternehmen. Eine Abfindung, die bei arbeitgeberseitiger Vertragsbeendigung unabhängig vom Grund der Beendigung zu zahlen ist. Aegis Media bestreitet die Echtheit dieses Vertrages.

Dem Vernehmen nach ist mit einem monatelangen Zivilprozess zu rechnen, der ab März 2011 öffentlich verhandelt wird. Ein Zivilprozess um Schadenersatz, in dem naturgemäß viel genauer geklärt werden muss, wem was warum fehlt, als dies in einem Strafprozess nötig ist. Dabei stehen sich nun gleichzeitig zwei rechtskräftige Urteile gegenüber, die widersprüchlicher nicht sein könnten: Fast auf den Tag genau vor einem Jahr, am 23.12.2009, urteilte das Oberlandesgericht München im Danone-Urteil gegen Aegis Media, dass es sich um Kundengelder handelt und Aegis Media gegenüber dem Kunden Danone Auskunft über erzielte Erlöse geben muss. Das seit dem 15.12.2010 ebenso rechtskräftige Ruzicka-Urteil beinhaltet nun, dass dieselbe Agentur in demselben Zeitraum um Erlöse aus Freispots geschädigt wurde, die demnach nicht den Werbekunden zustanden. Ob Werbekunden Aufträge erteilt und Zahlungen geleistet haben, und ob erst in weiterer Folge Geld zu Aegis kam und dann gerade mit diesem Rechtsgrund des Kundenauftrages abfloss, wird die zivilrechtliche Kernfrage sein, welche die Zivilkammer am Landgericht Wiesbaden klären wird.