Budgeterhöhungen sollten in die Arbeit an der Kampagne fließen

In einer Studie des E-Finance Lab kommen Forscher zu dem Ergebnis, dass Budgeterhöhungen für das Suchmaschinenmarketing in erster Linie dem Suchmaschinenbetreiber zu Gute kommen. Werbetreibende, die zusätzliches Budget effektiv einsetzen möchten, sollten an innovativen Konzepten arbeiten.

von Markus Lilienthal und Prof. Dr. Bernd Skiera

Die Bedeutung von Suchmaschinen in den einzelnen Prozessen unterscheidet sich zwar stark zwischen Produktkategorien, dennoch spielt die Online-Suche eine immer wichtiger werdende Rolle im Marketing. Laut einer Forrester-Studie starten 42 Prozent der europäischen Internetnutzer ihre Suche nach Finanzprodukten direkt bei Suchmaschinen, 57 Prozent nutzen Suchmaschinen prinzipiell bei der Suche (Forrester, 2008). In Ländern wie Deutschland oder den USA mit sehr hoher Verbreitung von privaten Internetanschlüssen ist Online-Werbung und speziell Suchmaschinenmarketing kaum mehr wegzudenken.

Die klassische Formel: Mehr Budget gleich mehr Werbung
Im klassischen Marketing wird die Intensität von Werbekanälen bisher häufig über die Größe des zur Verfügung stehenden Werbebudgets reguliert. Dabei galt in der Regel die allgemeine Formel: je mehr Budget, desto mehr Werbung und desto größer der Umsatz. In der Theorie ist die sogenannte ADBUDG-Funktion von Little (1970) recht populär, um den Zusammenhang zwischen Werbebudget und Marktanteil zu modellieren. Sie beinhaltet zwar das Konzept, dass der Effekt für ein mehr an Werbebudget bei hohem Ausgangsbudget abflacht, unterstellt aber generell ein wachsendes Verhalten hinsichtlich des Werbebudgets und gilt somit nur, wenn die Werbekosten als konstant angesehen werden. Es ist zwar nichts neues, dass nicht nur das Wieviel, sondern insbesondere auch das Wie über den Erfolg einer Kampagne entscheiden. Das Suchmaschinenmarketing bringt aber darüber hinaus eine weitere Dimension mit sich: sehr dynamische Preise.

Suchmaschinenmarketing ist anders
Üblicherweise zahlt der Werbende beim Suchmaschinenmarketing für jeden Klick auf seine Anzeige einen Preis, der basierend auf dem individuellen Gebot für einen assoziierten Suchbegriff über eine Auktion festgelegt wird. Dabei gilt allgemein: Je höher das abgegebene Gebot, desto besser wird die Anzeige platziert. Und eine bessere Platzierung bringt mehr Klicks. Doch Klicks allein verursachen an sich zunächst nur Kosten. Der Schlüssel zum Erfolg der Kampagne besteht darin, den Anteil derjenigen Klicks zu erhöhen, die letztlich zu einem erfolgreichen Vertragsabschluss führen. Hier greifen die optimale Gestaltung der Zielseiten (Suchmaschinenoptimierung) und das optimale Management der bezahlten Kampagne (Suchmaschinenmarketing) Hand in Hand.

Die Gebote für die Suchbegriffe selbst unterliegen maximaler Dynamik. Sie können fortwährend angepasst und bis auf individuelle Begriffe herunter differenziert werden. Das bedeutet, Marktpreise könnten sich potenziell binnen Minuten ändern. Nun kommt das Budget ins Spiel: Mit wachsender Verbreitung von Internetanschlüssen und Online-Aktivitäten wird das Suchmaschinenmarketing für alle Anbieter am Markt gleichermaßen wichtiger. Um dort stärker präsent zu sein, werden die Budgets verschoben. Doch mit höheren finanziellen Mitteln am Markt steigen bekanntlich die Preise. Im Suchmaschinenmarketing speziell ist zu erwarten, dass dieser Effekt durch die große Dynamik mit besonders geringer zeitlicher Verzögerung erfolgt.

Andere Länder – andere Preise
Anstatt die Preise aufwendig im zeitlichen Verlauf zu beobachten, haben wir am Frankfurter E-Finance Lab einen anderen Weg gewählt: Wir vergleichen die Preise über Länder hinweg. Die Verbreitung des Internet und die Werbeausgaben pro Internetnutzer unterscheiden sich nämlich selbst in westeuropäischen Ländern teils erheblich. Während in Deutschland oder Großbritannien die Verbreitung von Internetanschlüssen bei über 70 Prozent liegt, erreichen Spanien oder Italien gerade einmal 51 bzw. 42 Prozent (Eurostat 2008). Ähnliches gilt für die Online-Werbeausgaben pro Internetnutzer (Tabelle 1): Während in Großbritannien durchschnittlich 120,80€ pro Internetnutzer ausgegeben werden, sind es in Deutschland nur 76€ und in Italien gerade einmal 36,90€ (IAB Europe 2008). Wenn also tatsächlich die Budgets mit den Preisen in Verbindung stehen, sollten sich auch diese stark unterscheiden.

Abbildung 1: Preise für ausgewählte Suchbegriffe im März 2009 in US-Dollar. Die Mittelwerte der letzten Zeile sind nach Suchvolumen gewichtet. Quelle: Google

Die klassische Formel gilt nicht auf längere Sicht
Wir haben zwanzig populäre Suchbegriffe aus dem Bereich Banken ausgewählt, die jeden Monat viele Verbraucher in ihre Suchmaschine eingeben, und den Marktpreis jedes Suchbegriffes für Suchen innerhalb Deutschlands beim Marktführer Google ermittelt. Analog verfuhren wir mit den anderen betrachteten Ländern, wobei die Suchbegriffe in die jeweilige Landessprache übersetzt wurden, mit entsprechender Rücksicht auf eine gute Vergleichbarkeit. So verzichteten wir grundsätzlich auf Markenbezeichnungen oder Produkte, die typischerweise stark mit einem bestimmten Unternehmen assoziiert werden. Anschließend bestimmten wir für jedes Land den nach Anzahl der Suchanfragen gewichteten mittleren Preis. Diesen stellten wir den Online-Werbeausgaben pro Internetnutzer gegenüber, die vom Interactive Advertising Bureaux (IAB) veröffentlicht werden.

Abbildung 2: Gegenüberstellung von Online-Werbeausgaben pro Nutzer und Preisen für Suchbegriffe

Die Daten zeigen einen deutlichen linearen Zusammenhang zwischen den Suchbegriff-Preisen einerseits und den Online-Werbeausgaben andererseits. Das heißt: Je reifer der Online-Markt, desto mehr geben zwar Unternehmen pro Internetnutzer für Werbung aus. Aber: Verdoppeln sich die durchschnittlichen Ausgaben pro Internetnutzer, so verdoppelt sich ebenfalls die durchschnittlichen Kosten pro Suchanfrage. Ein allgemein höheres Werbebudget (pro Internetnutzer) ist somit im Suchmaschinenmarketing in der Regel nicht mit mehr Werbung beim Kunden verbunden, jedenfalls auf längere Sicht. Höhere Preise und höhere Budgets gehen vielmehr Hand in Hand.

Konsequenzen
Marktentwicklungen im Auge behalten: Geht man davon aus, dass die Unternehmen in den betrachteten Ländern ähnlich profitabel sind, sollten sich die Preisniveaus in Zukunft angleichen. Entweder die aktuellen Preise sind in vielen Ländern zu niedrig oder in einigen Ländern zu hoch oder sogar beides. Zu hohe Klickpreise können sich leicht als unprofitabel erweisen, nämlich dann, wenn der Wert einer Konversion (Zielaktionen wie Kauf oder Beratungsgespräch) beziehungsweise eines Kunden systematisch überschätzt wird oder durch Änderungen der äußeren Umstände sinkt. Das E-Finance Lab Frankfurt wird die Preise in Zukunft weiter beobachten und regelmäßige Reports zum Download anbieten (http://www.efinancelab.de/publications/sem-price-index/).

Innovative Strategien: Die Zahlen deuten darauf hin, dass Budgeterhöhungen alleine in erster Linie dem Suchmaschinenbetreiber zu Gute kommen, da die Konkurrenz ihre Budgets ebenfalls erhöht. Wer zusätzliches Budget effektiv einsetzen möchte, sollte an der Qualität der Kampagne und innovativen Konzepten arbeiten. So weisen Forschungsergebnisse darauf hin, dass es keineswegs optimal ist, auf die vordersten Ränge, das heißt vorderste Platzierung, zu bieten. Aber auch bei der Wahl der richtigen Suchbegriffe und ihrer individuellen Rolle gibt es noch viel Forschungsbedarf für die Zukunft.

Autoren: Prof. Dr. Bernd Skiera ist Inhaber des Lehrstuhl für Electronic Commerce an der Goethe-Universität Frankfurt am Main und Vorstand des eFinance-Lab. Markus Lilienthal ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Electronic Commerce. Das E-Finance Lab ist ein gemeinsames Forschungsinstitut der Universität Frankfurt und der TU Darmstadt.