Bis 2020 droht Verlust von Kunden

Der Einzelhandel benötigt innovative Ansätze und neue Filialformate, um den Kundenerwartungen in Zukunft zu entsprechen. Das geht aus einer aktuellen Untersuchung der Beratung A.T. Kearney hervor.

Danoch droht dem traditionellen Lebensmitteleinzelhande bis 2020 der Verlust von bis zu 8 Millionen Kunden. Der demografische Wandel und ein immer anspruchsvolleres Konsumverhalten seien die Rahmenbedingungen, die den deutschen Lebensmittelhandel in den nächsten Jahren weiter nachhaltig veränderten. Die Kunden von Supermärkten mit undifferenzierten Filialformaten und traditionellen Konzepten wechselten dann vor allem zu Wettbewerbern mit Filialformaten, die deutlich stärker auf die Konsumentenbedürfnisse eingingen.

Die damit verbundenen Umsatzeinbußen betrügen bis zu 18 Milliarden Euro. Für die zusammen mit dem Institut für
Informationswirtschaft und -management (IISM) der Universität Karlsruhe (TH) ausgeführte Studied befragten die Berater Führungskräfte des deutschen Lebensmittelhandels und der Lebensmittelindustrie. Wie sich zeigt, zwingt die stete Veränderung der gesellschaftlichen Alters- und Sozialstrukturen insbesondere die Betreiber von traditionellen Super- und Verbrauchermärkten zum grundsätzlichen Überdenken ihrer traditionellen Konzepte.

80 Prozent der befragten Führungskräfte sind der Meinung, dass Schnelligkeit und Bequemlichkeit im Einkauf von Alltagsprodukten in Zukunft entscheidend sind. Neben dem reinen Erwerb von Produkten erwarten die Befragten auch eine Reihe weiterer Zusatzleistungen, beispielsweise detaillierte Produktinformationen, Finanzierungsmöglichkeiten und „Home-Delivery“. Entscheidend für die Berücksichtigung dieser anspruchsvollen Konsumentenbedürfnisse sei das Filialformat – also die Art und Weise des Zugangs zu Produkten und Dienstleistungen. Gleichzeitig bleibe der heute schon existierende Kostendruck, getrieben durch eine hohe Discounter-Penetration, bis mindestens 2020 auf hohem Niveau bestehen.

„Filialformate, die den klassischen Wareneinkauf mit einer Online-Bestellmöglichkeit und Abholterminals beim Händler selbst oder bei Kooperationspartnern vereinen, passen sich den Kundenbedürfnissen und dem Wandel hin zu Ein- bis Zweipersonenhaushalten bereits an und stehen in Konkurrenz zum Selbstbedienungsformat der klassischen Supermärkte“, erklärt Dr. Peter Pfeiffer, der als Vice President bei A.T. Kearney den Bereich Konsumgüterindustrie und Handel leitet.

Umsatzverluste durch „Out-of-Stock“-Situationen liessen sich beispielsweise durch einen Bestellterminal in der Filiale und einem kostenfrei angebotenen Lieferservice reduzieren. Die Ergänzung klassischer SB-Supermarkt-Einkaufsformate mit „Home-Delivery“ sei sinnvoll und erfolgreich. In Großbritannien biete Tesco seinen Kunden ein umfangreiches Online-Shopping an, das inzwischen mehr als 1,2 Milliarden britische Pfund zum Umsatz beitrage, und in der Schweiz biete der Online-Store von Migros/LeShop ein komplettes Supermarktsortiment per Mausklick an. Eine zunehmende Etablierung von Filialen in Innenstädten trage dem wachsenden Segment der Erwerbstätigen Rechnung und ermögliche ein schnelles und bequemes Einkaufen.

Um solche Formate überhaupt realisieren zu können, böten sich weitreichende Partnerschaften zwischen Händler, Industrie und externen Partnern an, die heute vorwiegend im Bereich Logistik existierten. Zukünftig würden Kooperationen auch in den Bereichen Planung, Lagerhaltung, Verkauf und Customer Relationship Management (CRM) die operativen Prozesse des Handels nachhaltig verbessern. „Die Abstimmung zwischen Handel und Industrie entlang der Wertschöpfungskette wird vereinfacht und die Geschäftsprozesse werden enger verknüpft“, kommentiert Constanze Freienstein, Principal bei A.T. Kearney.

Zudem kommt der Zusammenarbeit und der Planung auf operativer Ebene („Collaborative Planning“) als wesentlicher Hebel für Kostenreduktionen und Effizienzsteigerungen eine große Bedeutung zu, das jedebfalls erklären knapp 80 Prozent der Befragungsteilnehmer. Das größte Kostensenkungspotenzial sehen die Führungskräfte in den Bereichen Bestandsverwaltung, Kassieren und Kontrolle von Haltbarkeitsdaten, wobei in den kommenden Jahren Technologien wie RSSBarcodes
(Reduced-Space-Symbology) und RFID zu einem weiteren Automatisierungsgrad führen würden.

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