Aus News-Lieferanten werden multimediale Berater

Digitalisierung und Internet verändern die Rolle der Nachrichtenagenturen. Diese wandeln sich vom klassischen Nachrichten-Lieferanten zum Anbieter neuer digitaler Produkte und Full Service-Dienstleister. Der deutsche Markt der Nachrichtenagenturen ist im europäischen Vergleich besonders wettbewerbsintensiv, zeigt eine Studie der Berliner Strategieberatung Goldmedia. Dies sei insbesondere seit der Fusion von ddp und der deutschen AP zur dapd als zweiter Vollagentur neben dpa der Fall.

Zunehmender Wettbewerb auf Anbieterseite und steigende Kostensensibilität bei den Kunden setzen die Nachrichtenagenturen unter Druck. Kein anderer Nachrichtenagenturmarkt in Europa ist dabei momentan härter umkämpft als der deutsche: Während in Europa in der Regel nur ein oder zwei Agenturen pro Land konkurrieren, wetteifern im deutschen Markt mindestens sieben Anbieter. Neben den zwei deutschen Vollagenturen dpa, dapd offerieren auch die deutschen Dienste von internationalen Agenturen wie Thomson Reuters oder AFP ihre Nachrichten. Ergänzt wird das Angebotsspektrum durch Spezialagenturen, zum Beispiel für SID für Sport oder epd und KNA für Religion. Zugleich erweitern die Agenturen ihr Angebot zum Beispiel um Video-Dienste und News-Apps.

Die Studie zum Markt der Nachrichtenagenturen in Deutschland und Europa zeigt weiter, dass moderne Nachrichtenagenturen inzwischen als Beratungshäuser für die technische und crossmediale Integration von Nachrichten agieren. Längst sei aus der alten „Sender-Empfänger-Beziehung“ ein Dialog-Verhältnis mit den Medienkunden entstanden: Über moderne Newsrooms mit multimedialen Inhalten und Web 2.0-basierten Features bildeten sie mit den Kunden immer stärker „virtuelle Redaktionsgemeinschaften“. Die aktuellen Entwicklungen in Deutschland zeigten, dass den Agenturen intelligente und kundenorientierte Informationslösungen wichtiger seien denn je.

Das Umsatzvolumen im Markt der Nachrichtenagenturen lag in Deutschland im Jahr 2010 laut Studie bei rund 170 Millionen Euro. Mit rund 52 Prozent Marktanteil sei die dpa weiterhin führend vor der dapd mit einem Anteil von derzeit rund 18 Prozent. Es folgten SID mit acht sowie epd und KNA mit je sieben Prozent. Die Fusion von ddp und AP Deutschland habe dazu geführt, dass mit der dapd inzwischen eine zweite Vollagentur mit derzeit 290 festen Journalisten aktiv sei. Der ehemalige „Platzhirsch“ dpa habe im vergangenen Jahr mehr als 450 feste Journalisten beschäftigt. Die Informationsfülle des Internets und schrumpfende Margen der Zeitungsverlage würden künftig vermutlich weitere Konsolidierungen forcieren.

Stark verändert hätten sich die Anforderungen an die Nachrichtenagenturen: Waren es gestern noch Podcasts, seien es heute auch Online-Videos, welche die Agenturen zusätzlich offerieren sollen. So stellten die beiden Vollagenturen dpa und dapd ihren Kunden bereits zahlreiche Videos zur Verfügung, bei der dpa seien es rund 80 pro Monat, bei der dapd etwa 500, Tendenz steigend. Hinzu kommt umfangreiches Fotomaterial: Die dpa biete ihren Kunden nach eigenen Angaben täglich zwischen 600 und 800 Fotos an, die dapd etwa 2 300. Der Textnachrichten-Feed, der Basisdienst, bleibe dennoch das Fundament: Rund 600 aktuelle Nachrichten im Basisdienst produziere die dpa pro Tag, bei der dapd seien es rund 550 täglich. Hinzu kämen die Nachrichten der Landesdienste aus den einzelnen Bundesländern. Allerdings seien die Daten nicht direkt vergleichbar, weil unterschiedliche Informationen als Nachricht gezählt würden.

Es zeigt sich, dass Auswahl und Angebotsvielfalt für Zeitungen, Radio- und TV-Sender oder Nachrichten-Websites als Newskunden nie größer war. Wer wie öffentlich-rechtliche Sender auf mindestens zwei unabhängige Quellen für eine solide Nachrichtenbasis setze, wisse sich durch die Angebote der Nachrichtenagenturen in Deutschland gut versorgt. Prof. Dr. Klaus Goldhammer, Geschäftsführer der Goldmedia GmbH, fasst die Studienergebnisse zusammen: „Die Medienhäuser brauchen zwar weiterhin Nachrichtenagenturen, aber der verstärkte Wettbewerb zahlt sich für die Kunden aus. Die Ware Nachricht, sie wird billiger – der Kontext aber, die Technik, wird immer komplexer und bietet den Agenturen letztlich wieder neue Erlöspotenziale.“

www.goldmedia.com