Angriff auf die Netzneutralität: Das Netz läuft Sturm gegen die Telekom

Bei Handys gibt es sie schon immer, bald gilt sie auch für Festnetzkunden: Die Telekom will die Internetgeschwindigkeit ab 2016 drosseln. Wer ein bestimmtes Datenvolumen erreicht hat, muss draufzahlen. Die Netzgemeinde tobt und fürchtet ein Ende der Netzneutralität. Die Folgen und Reaktionen auf die Ankündigung der Telekom:

Das Gerücht kursierte schon eine ganze Weile, nun ist es offiziell: Die Deutsche Telekom schafft das Rundum-Sorglos-Paket fürs Internet ab und reagiert damit auf die ständig wachsende Datenlast im Internet. Ähnlich wie im Mobilfunk werden zukünftig auch Festnetzkunden ab einem gewissen Datenvolumen auf ein niedriges Internettempo herunterdrosseln.

Wer eine monatliche Datenmenge verbraucht hat, wird künftig auf 384 Kilobit pro Sekunde (kbit/s) ausgebremst oder muss draufzahlen. Nach heutigem Standard ist das echtes Schneckentempo. Eingebaut werden die Drosselklappen wohl erst ab 2016. Sie werden auch – glaubt man den Ankündigungen – nur für Neukunden, nicht aber für Bestandskunden gelten. Dennoch könnten die Folgen langfristig gewaltig sein.

Die Folgen

Nicht jeder wird die Folgen der Drosselung merken. Viele Kunden werden mit 75 Gigabyte auskommen. Unbegrenztes Surfen und die Bearbeitung von Mails sollten problemlos und im vollen Umfang möglich sein. Die Telekom geht davon aus und rechnet vor, dass bei dieser Datenmenge weiterhin zehn Filme in Normalqualität und drei Filme in HD-Qualität geschaut werden können, ungefähr 60 Stunden Internetradio gehört und 16 Stunden online gespielt werden könne. Den durchschnittlichen Privatnutzer in Deutschland sollte die Drosselung also kaum tangieren. Wer allerdings darüber hinausgeht, müsse dann auch eine „Zubuchoption“ zahlen, wie das Unternehmen die Regelung nennt.

Ein Punkt ist allerdings dramatisch: Die Telekom stellt mit ihrem Vorgehen die Netzneutralität in Frage. Der Grundsatz der Netzneutralität wurde zu Beginn des Internets als Garant für Wettbewerb und Innovation eingeführt und sieht vor, dass die Telekommunikationsanbieter alle Daten gleich behandeln und so jedes Unternehmen seine Dienste ohne Hürden anbieten kann.

Die Dramatik: Die Tempodrosselung gilt nicht für die Dienste der Telekom. Wer beispielsweise den Telekom-Dienst Entertain gebucht hat, kann weiterhin so viel Filme gucken, wie er möchte ohne eine einzige Einschränkung. Wer das konkurrierende Video-on-Demand-Angebot Maxdom von der ProSiebenSat.1 Media nutzt, wird gedrosselt. Telekom als Netzbetreiber nutzt hier seine Marktmacht und will so Kunden zu einem Wechsel bewegen. Es ist davon auszugehen, dass ProSiebenSat.1 Media und die Verteidiger der Netzneutralität dagegen vorgehen werden.

Die Reaktionen

Das Netz echauffiert sich, das Netz probt den Aufstand. Verständlich, denn es geht um nicht weniger als das Internet selbst. Bereits wenige Minuten nachdem die Meldung die Runde machte, ging im Internet ein Sturm der Entrüstung los. Im Sekundentakt prasselten Beschwerden auf dem Facebookauftritt des Unternehmens ein. Die meisten drohten mit Kündigung. Auch, wenn die Drosselung nur künftige Kunden betrifft, sind die Kunden enttäuscht und wollen den Anbieter wechseln.

Es gibt kaum etwas, wo die Kunden empfindlicher reagieren als bei einer langsamen Internetverbindung. Zu gut erinnern sich die Nutzer noch an langsame Ladezeiten beim Modem und können sich kaum noch vorstellen, wie sie damals überhaupt surfen konnten. „Wenn ich mich nicht verrechnet habe, dann kann ich, wenn ich [einen] 200Mbit/s-Vertrag bei euch buchen würde, diese nur 9 Minuten am Tag voll nutzen, damit die Drosselung auf 348kbit/s nicht eintritt“, schreibt beispielsweise Dennis Deutschkämer bei Facebook. Die Telekom antwortet nicht, sie scheint dem Ansturm nicht gewachsen.

Immerhin, die Drosselung wird erst 2016 kommen. Bis dahin dürften sowohl Nutzer als auch Konkurrenten gegen die Pläne Sturm laufen und das Kartellamt wird den Fall auf Wettbewerbsverzerrung prüfen. Die SPD hat bereits eine Gegeninitiative gegründet, um die Netzneutralität zu erhalten.

Eine positive Folge ist bis dahin in jedem Fall, dass es vor ironischen Witzen über die Telekom nur so sprudelt. Was gibt es Besseres als wenn eine schlechte Nachricht Kreativität entfacht? Hier nur ein Beispiel: