Analysten betonen konsumethische Chancen für Bekleidungsindustrie

Der traditionelle Bekleidungs-Einzelhandel befindet sich in einem starken Konzentrations- und Verdrängungswettbewerb und verliert als Vertriebsweg an Bedeutung, stellt das Beratungsunternehmen Deloitte fest. Einem aktuellen Report zufolge bietet die Fokussierung auf hochpreisige Segmente oder konsumethische Gesichtspunkte aber Chancen.

Für den Deloitte-Report „Aktuelle Herausforderungen der deutschen Bekleidungsindustrie“ wurden Finanzinformationen von insgesamt 42 deutschen Unternehmen der Branche analysiert und ausgewertet. Das Ergebnis: Die deutsche Bekleidungsindustrie ist einem sehr schwierigen Markt- und Wettbewerbsumfeld ausgesetzt.

Carsten Lehberg, Partner Restructuring Services bei Deloitte, erklärt: „Die Konsumausgaben in Deutschland steigen – aber die deutsche Bekleidungsindustrie profitiert davon nur unterproportional. Insbesondere große vertikale Fashion-Retailer drängen vermehrt in den Markt. Im Gegenzug konnten und können deutsche Hersteller ihre Exporte nur leicht steigern und den rückläufigen Umsatz im Inland nicht kompensieren.“

Schwaches Marktwachstum in Deutschland

Der Gesamtumsatz der deutschen Bekleidungsindustrie lag 2013 sogar deutlich unter dem Niveau der Zeit vor der letzten Finanz- und Wirtschaftskrise. Die Exportquote stieg seitdem um lediglich vier Prozentpunkte. Insgesamt wuchs der deutsche Bekleidungsmarkt schwach, stellen die Marktanalysten von Deloitte fest. Eine fortschreitende Marktkonzentration und ein im Vergleich zum Vorjahr rückläufiger Auftragseingang in 2013 zeigen, dass voraussichtlich auch 2014 – auf das Gesamtjahr betrachtet – ein für die Branche herausforderndes Jahr sein wird.

Im Vergleich zum weltweiten Wachstum im Bekleidungsmarkt wird für den deutschen Markt ein vergleichsweise geringes Wachstum erwartet und darüber hinaus sogar ein weiter zunehmender Wettbewerb. Die internationale Expansion steht daher im Fokus hiesiger Unternehmen.

Starker Konkurrenzdruck im Billigsegment

Der Bruttoumsatz pro Kunde ist in Deutschland in den letzten Jahren deutlich rückläufig. Insbesondere kleinere Anbieter sehen sich aufgrund des starken Konkurrenzdrucks durch die vertikalen Fashion-Retailer im Billigsegment in hochpreisige Nischen gedrängt – was sie extrem anfällig für Konjunkturschwankungen macht. Um zukünftiges Wachstum zu generieren, rückt der Ausbau eigener, kostenintensiver, stationärer Retail-Aktivitäten in A-Lagen immer mehr in den Vordergrund.

Chancen ergeben sich darüber hinaus durch Expansion in Wachstumsmärkte: Das erfordert jedoch erhebliche Investitionen – was wiederum eine hohe Innenfinanzierungskraft oder eine gute Kreditwürdigkeit der Unternehmen voraussetzt. Weitere Investitionen sollten begleitend in Markenstrategie und Vertriebskonzepte fließen. Dabei kann die Fokussierung auf konsumethische Aspekte für Differenzierung sorgen, beispielsweise bei den Produktionsbedingungen.

Widersprüchlich dazu ist, dass sich die Unternehmen der Bekleidungsindustrie aufgrund steigender Löhne aus Ländern wie China zurückziehen und ihre Produktion in neue Niedriglohnländer verlagern. Neben Indonesien und Bangladesch ist hierbei insbesondere die Türkei aufgrund ihrer EU-nahen Lage interessant. Auch die Rückwärtsvertikalisierung gehört zur strategischen Neuordnung von Produktion und Beschaffung.

Investitionsbedarf bei angespannter finanzieller Lage

Viele deutsche Anbieter stecken in der Klemme: Sie müssen Auslandsmärkte erschließen und gleichzeitig in eigene Retail-Aktivitäten investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben – doch vielen Marktteilnehmer fehlen hierfür die Mittel. Über 50 Prozent der analysierten Unternehmen verzeichneten zuletzt eine Nettoumsatzrendite von unter vier Prozent, ein Viertel konnte im letzten Untersuchungsjahr lediglich eine operative Marge von unter 2,3 Prozent erzielen. Bei einem Drittel der analysierten Unternehmen übersteigt das Fremdkapital das Eigenkapital. Dagegen hat ein Viertel der Unternehmen es auch in angespannter Lage geschafft, vollständig eigenkapitalfinanziert zu sein.

„Um ihre interne und externe Finanzierungskraft zu verbessern, können Unternehmen einiges tun. Dazu gehört, die Stärkung der Innenfinanzierungskraft durch Reduzierung des Umlaufvermögens, Neustrukturierung der Fremdkapitalseite – und die Ertragskraft der Unternehmen etwa durch Kostensenkung und verbesserte Abläufe zu optimieren“, sagt Lehberg.

(Deloitte/asc)