Aleksander Ruzicka: U-Haft erneut verlängert

Wie das Oberlandesgericht Frankfurt am Main am Dienstag mitteilte, hat der 1.Strafsensat mit einem am Montag der Woche zugestellten Beschluss erneut eine Haftbeschwerde von Aleksander Ruzicka verworfen. Dem Vernehmen nach geht das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in seiner Begründung nur am Rande auf die Verhältnismäßigkeit der andauernden U-Haft ein. Stattdessen verweist der Strafsenat auf den schleppenden Prozessfortgang, der durch Ruzickas Verteidigung verursacht werden würde. Dem Landgericht Wiesbaden stehe es hingegen frei, auch bei einem Prozess mit erhöhter Dringlichkeit in Haftsachen frei zu terminieren. Ruzickas Verteidiger wollen eine Menschenrechtsverletzung ihres Mandanten prüfen, und die Haftentscheidung möglicherweise dem Bundesgerichtshof zur Prüfung vorlegen.

Der Ruzicka-Prozess wird seit Monaten höchstens einmal pro Woche verhandelt. Seit Prozessbeginn am 15.Januar 2008 wurde trotz der bereits damals bestehenden Haftsache durchschnittlich an knapp eineinhalb Tagen pro Woche verhandelt. Der Bundesgerichtshof geht bei derart lange andauernder U-Haft eines Angeklagten von drei Prozesstagen pro Woche aus. Wenn nicht anders terminiert werden kann, ist in adäquaten Beschlüssen sogar von Verhandlungen an Samstagen die Rede. Alle anderen Haftbefehle gegen weitere Angeklagte und Beschuldigte wurden längst außer Vollzug gesetzt oder aufgehoben. Ruzicka sitzt als einziger von 27 Beschuldigten in U-Haft. Die Möglichkeit, den Haftbefehl gegen scharfe Melde- und Überwachungsauflagen außer Vollzug zu setzen, blieb ungenutzt.

Während der Hausdurchsuchungen am 12.September 2006 wurde Aleksander Ruzicka im Gegensatz zu vergleichbaren Fällen nicht verhaftet. Erst sechs Wochen später entstand plötzlich Fluchtgefahr, die zu seiner Verhaftung am 24.Oktober 2006 geführt hat. Inzwischen hatte Ruzicka geäußert, dass er nicht schweigen, sondern sich zu den erhobenen Vorwürfen äußern wird. Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden geht seitdem davon aus, dass Ruzicka über umfangreichen Immobilienbesitz in Südafrika verfügen würde. Gleichzeitig räumen die Ermittler jedoch ein, bis heute nicht im Ausland ermittelt zu haben. Die Angabe von Aegis Media in der als anonym getarnten Strafanzeige gegen Ruzicka, er habe einen zweiten südafrikanischen Reisepass mit leicht verändertem Namen, hatte sich im Prozessverlauf als unwahr herausgestellt.

Das Landgericht Wiesbaden lehnt eine Enthaftung Ruzickas mit gewohnter Regelmäßigkeit ab. Obwohl die 6.Strafkammer unter Vorsitz von Richter Jürgen Bonk bei jeder Verlängerung einer U-Haft schärfere Anforderungen an deren Verhältnismäßigkeit sorgfältig prüfen und begründen muss, verweist das Gericht dem Vernehmen nach lediglich auf seine eigenen vorherigen Beschlüsse. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main folgt diesen Entscheidungen. Die ständig schärfer werdenden Anforderungen an eine wiederholte Verlängerung der U-Haft über 6 Monate hinaus, wurden dem Vernehmen nach nicht begründet. Der Gesetzgeber geht zunächst von einer maximalen Dauer einer U-Haft von 6 Monaten aus, die hiernach auf Antrag im Abstand von 3 Monaten sorgfältig geprüft und begründet werden muss. Zudem darf eine U-Haft nicht mit einer möglichen Strafhaft begründet werden oder diese vorweg nehmen.

Aleksander Ruzicka sitzt seit 853 Tagen in der Justizvollzugsanstalt Weiterstadt in Untersuchungshaft. Der Prozess wird am morgigen Mittwoch fortgesetzt.
mz