„5-Sterne-Airline“ Lufthansa: Carsten Spohrs Marketing-Höhenflug mit einem obskuren Gütesiegel

Vergessen Sie Ihren Groll über überteuerte Inlandstickets, Verspätungen oder Flugausfälle durch Streiks: Die Lufthansa hat das alles nicht verdient, schließlich reisen Sie mit einer "Fünf-Sterne-Airline"! Mit diesem Gütesiegel des Beratungsunternehmens Skytrax schmückt sich die Lufthansa seit einer Woche. Tatsächlich sind die Vergabekriterien solcher Auszeichnungen reichlich intransparent.

Gähnend langweilig – und noch Wochen später verstopfen die PR-Agenturen und Abteilungen der Airlines die E-Mail-Eingangsfächer der gesamten Branche mit Pressemitteilungen, nachdem Airline XY nun wieder den Preis für die sauberste Kabine oder das beste Economy-Catering gewonnen hat.

„Skytrax ist wie die FIFA der Luftfahrt“

Ganz anders das Sterne-Ranking. Das ist eine kommerzielle Veranstaltung, und die Frage liegt auf der Hand, wie viel Geld hier von Airlines an Skytrax fließt, und ob man sich damit fünf Sterne quasi kaufen kann. Skytrax selbst ist keine Hilfe bei der Aufklärung. Allein die Nutzung des Sterne-Systems für die Eigenwerbung einer Airline soll laut Handelsblatt jährlich 15.000 bis 25.000 Euro kosten.

Auf die Frage nach der Methodik sagt Skytrax-Marketingchef Peter Miller gegenüber MEEDIA: „Wir verbreiten keine geschützten Informationen oder plaudern sie der Presse gegenüber zur Veröffentlichung aus. Es reicht aus, dass wir sagen dass ein Audit die Evaluierung von über 600 Einzelaspekten bei Produkt und Service beinhaltet. Airlines zahlen nicht für die Evaluierung, aber um die genauen Untersuchungsergebnisse und mögliche Empfehlungen zu erhalten. Wir sind keine gemeinnützige Organisation.“ Und zu den Gebühren sage man nichts, auch wenn es darüber in deutschen Medien „Erfindungen und Spekulationen“ gegeben habe.

Auf dem hohen Ross sitzt Skytrax schon lange, in der Branche findet man viel Groll über die Geheimniskrämerei und den Umgangston der Firma. „Die intransparente Geschäftspolitik und völlige Intransparenz bei elementaren Berechnungsverfahren gibt Kritikern Nahrung, die deren Neutralität anzweifeln“, sagt der Hamburger Jan Richter, der das Flugsicherheitsportal JACDEC betreibt und bereits mit Skytrax über eine Kooperation im Bereich Sicherheits-Ranglisten verhandelte.

„Skytrax ist wie die FIFA der Luftfahrt“, sagt ein internationaler Brancheninsider zu MEEDIA, der sich ausgiebig und über Jahre mit allen weltweit angebotenen Airline-Ranglisten beschäftigt hat.

Während unbestritten ist, dass viele der von Skytrax gekürten Airlines zu den weltbesten gehören, darunter sicherlich die Lufthansa, finden sich auch Gesellschaften wie die chinesische Hainan Airlines unter den mit fünf Sternen Ausgezeichneten. Die Airline, deren Mutter, die HNA-Gruppe, sehr finanzstark ist, gehört für viele Branchenkenner aber dennoch absolut nicht unter die Top Ten der Welt, in die sie Skytrax erkoren hat.

Tatsache ist, dass die ausgezeichneten Airlines sich von dem 5-Sterne-Ranking höhere Einnahmen versprechen, sie also die Investition in Skytrax als lohnend erachten. Der Status helfe „unsere etwas höheren Preise in den oberen Flugklassen zu rechtfertigen“, sagte Carsten Spohr diese Woche dem Handelsblatt. Davon lebt Skytrax anscheinend gut.